Hilfreiche Briefe

Der Lockdown war für die Werkstätten ein herber Schlag. Die gewohnte Tagesstruktur und der Kontakt zu anderen Beschäftigten fielen von heute auf morgen weg. Im Rahmen des Projektes „Tu dir was Gutes“ entwickelte Ergotherapeutin Anita Meyn, zusammen mit der Lehrkraft Kathrin Weiß und den Auszubildenden der Schule für Ergotherapie der Bildungsakademie Nord/Bremen eine besondere Unterstützungskampagne zur Gesundheitsförderung für Menschen mit psychischen Langzeiterkrankungen. Es entstanden „Gesundheitsbriefe“, die an zentralen, gut zugänglichen Orten aufgehängt und von den Beschäftigten „abgepflückt“ werden konnten. Diese gab es in fünf unterschiedlichen Ausführungen, die jeweils in einer anderen Farbe markiert waren. So gab es einen blauen Brief mit Atemübungen. Eine Woche lang sollten innerhalb der Morgenroutine fünf Minuten lang wohltuende Atemübungen in den Alltag eingebaut werden. Im gelben Brief gab es eine Anleitung für ein Glückshormon ausschüttendes Workout, das „stark gegen Corona“ zu machen versprach. Der orange Brief enthielt eine Postkarte mit einem Begleitschreiben über die Vorzüge des Briefe bzw. Kartenschreibens sowie der Aufforderung, die Karte zu verschicken, um auch in Corona-Zeiten in Kontakt zu bleiben. Im grünen Brief fanden die Beschäftigten eine Tour durch sehens- und erlebenswerte Orte in Bremen, die zu Fuß erwandert werden sollten. Knoops Park, das Schnoor-Viertel und das Tiergehege im Bürgerpark wurden hier vorgeschlagen – mit Wegbeschreibung, Hinweisen und Quiz. Im roten Umschlag schließlich befanden sich 16 Karten mit Fragen, die den Leserinnen und Lesern helfen sollten, zur Ruhe zu kommen, ein paar Minuten bei sich selbst zu sein und eine Pause vom Gedankenkarussell zu finden. Einige dieser Karten schmücken diese Seiten, denn sie laden ein, sich hier und jetzt etwas Gutes zu tun. (Dorothea Salzmann-Schimkus)

Nicht mehr arbeiten dürfen

Die Nachricht, nicht mehr arbeiten zu dürfen, schlug bei mir ein wie ein Blitz. Es gab eine große Versammlung. Auf der konnten aber längst nicht alle Fragen geklärt werden. Wir durften acht Wochen nicht zur Arbeit kommen, und heute gibt es immer noch verkürzte Arbeitszeiten. Die Regeln sind streng: keine Raucherrudel bilden, nicht zu dicht beieinander arbeiten. Wir werden ermahnt, Abstand zu halten, sonst gibt es eine Verwarnung oder man wird sogar nach Hause geschickt.“ Stefan Deichholz berichtet über seine Erlebnisse in der Corona-Zeit an seinem Arbeitsplatz. Seit Mai 2018 lebt der 40-Jährige im Haus Noah, einer Einrichtung für chronisch mehrfach abhängigkeitserkrankte Menschen, und arbeitet in der ArBiS Bäckerei, einer Werkstatt für Menschen mit psychischen Einschränkungen. Stefan Deichholz wurde im Frühjahr zu „Onkel Stefan“: Zwei Mädchen wurden in seine große Familie hineingeboren und er hat sie noch nicht einmal berühren können. Es machte ihm das Herz schwer, dass er Familie und Freunde nicht leibhaftig treffen konnte. Er hielt Kontakt über Skype, WhatsApp und Telefon. „Wir sind doch Gruppentiere“ merkt er an, „so viele Menschen gehen kaputt, wenn sie einsam sind.“ Er ist froh, gerade auch in diesen Monaten im Haus Noah zu leben. Corona schüre Ängste, und Noah sei ein sicherer Ort, an dem er die Nähe zu Menschen finde, die er dringend zum Leben brauche. Die tägliche Morgenrunde – natürlich mit Abstand – in der sich alle Bewohnenden und diensthabenden Mitarbeitenden treffen und austauschen, ist für ihn wichtig. Die Selbsthilfegruppen finden immer noch nicht statt, weil die Gruppenräume zu klein sind, um sich mit Abstand treffen zu können. Die notwenigen Einzelkontakte laufen häufig über den elektronischen Kanal. Zwei Nachtwachen im Haus Noah sind erfahrene Leiter von Selbsthilfegruppen. Da wird das eine oder andere Abendgespräch zur handfesten Hilfe. Gebetsmühlenartig mussten die Mitarbeitenden die Corona Regeln wiederholen, damit sie dann auch im Haus Noah eingehalten werden. Notwendige Arztbesuche fühlten sich wie ein Spießrutenlauf an und mussten oft anschließend im Gespräch aufgearbeitet werden. Noch in diesem Jahr will Herr Deichholz in eine eigene Wohnung ziehen. „Und vielleicht kommt dann 2021 ein Impfstoff auf den Markt.“ (Beate Rettig)

ArBiS-Bäckerei on Tour

Wie sollen die Bewohnenden unserer Senioren-Wohnanlagen und die stark in Anspruch genommenen Mitarbeitenden in Zeiten von Corona an frisches Brot kommen? Diese Frage war der Impuls für Diethelm Ratzel, Leiter der ArBiS-Bäckerei in Gröpelingen, sich Gedanken über neue Möglichkeiten und Wege in dieser ungewöhnlichen Zeit zu machen. Das Ergebnis vieler Überlegungen und Gespräche im ArBiS-Team war ein mobiler Lieferservice, der vier Stationen im Sozialwerk ansteuerte, um den Mitarbeitenden – und auch allen anderen Kunden – Brot, Brötchen, Kuchen-Backmischungen in Bio-Qualität und Süßwaren wie Kekse und Gebäck bis vor die Haustür ihrer Einrichtung zu liefern. Das Projekt lief zögerlich an und wurde immer beliebter. Dabei bekam die Bäckerei maßgeblich Unterstützung von Mitarbeitenden aus den anderen Werkstätten: So kamen Romina Howeiler aus der Druckerei, Anita Meyn aus der Holzwerkstatt und Hannes Meyer aus der Werkstatt Garten/Kunst beim Steuern des Busses und dem Backwarenverkauf zum Einsatz. Auch über die Lockerungen der Corona-Maßnahmen hinaus blieb der inzwischen bewährte und beliebte Service zunächst bestehen. Es können weiterhin telefonisch oder per E-Mail Bestellungen erfolgen. Auf Wunsch liefert die Bäckerei auch Kuchen und Torten. Für Ideen ist das Team der Bäckerei stets offen. Auch für flexible Dienstleistungen wie die Lieferung frischer Backwaren gegen Rechnung auf die Station oder in die Einrichtung stehen der Bäckerei-Service zur Verfügung. Die günstigen Preise für hervorragende Backwaren krönen das Angebot. (Dorothea Salzmann-Schimkus)

Ansprechpartnerin für Fragen, Bestellungen oder Anregungen ist Heidi Meyer unter der Telefon-Nummer 0421/6190-174.