Care Leaver sind Jugendliche und Erwachsene, die einen Teil ihres Lebens in einer Pflegefamilie, Wohngruppe oder anderen Wohnformen der Jugendhilfe gelebt haben. Care Leaver müssen heute früher selbstständig werden, als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Mit spätestens 21 Jahren werden sie ins Erwachsenen-Dasein entlassen – so hat es der Gesetzgeber beschlossen. Doch was passiert mit ihnen, nachdem sie die Pflegefamilie oder die stationäre Jugendhilfeeinrichtung verlassen haben? Kommen sie im Leben zurecht?
Die Studie „Care Leaver Statistics I Soziale Teilhabe im Lebensverlauf junger Erwachsener“ (CLS-Studie) ist die erste Langzeituntersuchung zum Verlassen der stationären Kinder- und Jugendhilfe.
Die Studie ist als bundesweite Langzeitstudie angelegt und findet im Zeitraum zwischen 2021 und 2030 statt und untersucht die Teilhabemöglichkeiten von jungen Erwachsenen im Übergang ins Erwachsenenleben. Erste Ergebnisse sollen in diesem Jahr (2023) vorliegen.
Seit Langem beklagte man einen Mangel an Daten über die jungen Menschen, die in Jugendhilfeeinrichtungen betreut wurden und ins Erwachsenenleben entlassen wurden. So wurde eine Langzeitstudie in Auftrag gegeben. Sie geht über sieben Jahre. In sieben „Wellen“ werden 16- bis 19-Jährige über alle Bereiche des Lebens befragt. Was unterstützt dich im Erwachsen- und Selbstständig-Werden? Wie gelingt Teilhabe? Wie ist deine Entwicklung? Hast du Arbeit oder/und einen Nebenjob? Wie sieht es mit sozialen Beziehungen aus? Über welches Netzwerk verfügst du? Wie steht es um deine Gesundheit? Wie hoch ist dein Einkommen? Wo und wie wohnst du? „Wir wissen immer noch zu wenig über die Lebensverläufe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die die Jugendhilfe verlassen,“ sagt der an der Studie beteiligte Prof. Dr. Wolfgang Schröer von der Universität Hildesheim.
Für die Studie wurden 1000 Jugendliche aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie 1000 Jugendliche aus Pflegefamilien ausgewählt und angefragt. Ein Fragebogen wurde entwickelt. Die Befragung erfolgt über Infas persönlich oder telefonisch.
Im CLS-Forschungsverbund arbeiten Wissenschaftler:innen vom Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim, vom Deutschen Jugendinstitut, der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung und der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen zusammen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, fördert die Studie.
Am 4. Juli 2022 besuchte Katharina Brüchmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin des GISS, die Jugendwohngruppe Ju-Com, um Damian im Rahmen eines Pre-Tests zu befragen. Er hatte sich bereit erklärt, an dieser Studie mitzuwirken. Noch wohnt er in der Ju-Com, einer Wohngemeinschaft für Jugendliche, die in der Phase des Selbstständig-Werdens sind und dabei begleitet und angeleitet werden. Inzwischen ist ein Jahr vergangen und Damian wird in demnächst die Einrichtung in Vegesack verlassen.
„Das Leben ist wertvoll. Man sollte jede Sekunde genießen.“
Das ist Damians Einstellung zum Leben. Trotzdem er es nicht immer leicht hatte, ist seine Haltung dem Leben gegenüber positiv; er ist neugierig und erwartungsvoll.
Damian wohnt in der Jugend-WG Ju-Com. Er ist einer der Jugendlichen, die sich für die Befragung zur Verfügung gestellt haben. Er geht offen mit seiner Situation um und möchte damit anderen helfen, mit ihren Problemen fertig zu werden. Damian sieht auch in schwierigen Situationen Chancen, durch Erfahrungen zu lernen und voranzukommen.
Seinem Auszug, also dem „Care Leaving“ sieht er hoffnungsvoll entgegen. Er freut sich auf die Eigenständigkeit und hat schon feste Pläne, wie es nach seinem Schulabschluss weitergehen soll.
Foto oben: Mantas Hesthaven auf Unsplash
Foto links: Dorothea Salzmann-Schimkus