„One for the road“!

„One for the road“!

Suchtkrankenhilfe für Mitarbeitende im Sozialwerk, in der ArBiS und der Privatschule Mentor

 

Als nebenberufliche betriebliche Suchtkrankenhelferin für das Sozialwerk, die ArBiS und die Privatschule Mentor möchte ich in regelmäßigen Abständen durch Blog-Beiträge rund um das Thema Sucht informieren. Auf der Suche nach einem „Aufhänger“ für einen ersten Blog kam mir da der Kinofilm „One for the road“, einer sog. „Dramödie“ über Alkoholsucht mit Frederik Lau als Hauptdarsteller, gerade recht. Worum geht es in diesem Film?

„Mark muss nach einer Suff-Fahrt den Führerschein abgeben und lernt im MPU-Kurs die Alkoholikerin Helena kennen. Beide wollen ihr Leben ändern. Dass dies gar nicht so einfach ist, erzählt Regisseur Markus Goller in „One for the road“.“

Mir persönlich hat der Film gut gefallen, weil er anschaulich zeigt, was Sucht bedeutet. Zunächst einmal wird deutlich, dass Sucht eine fortschreitende Erkrankung ist, die mit eigener Willenskraft nicht beherrscht werden kann. Mark versucht mehrfach, einige Wochen abstinent zu leben, doch er scheitert immer wieder, und nach solchen mühsam errungenen abstinenten Phasen scheint er noch exzessiver als vorher zu trinken. Irgendwann versteht Mark, dass er in seinem Ringen um den Ausstieg aus der Sucht Hilfe braucht, und er beginnt eine Therapie bei dem Verkehrspsychologen Dr. Blau.

 

Im Film wird auch klar: Nicht die Menge an Alkohol, die man trinkt, definiert, ob man süchtig ist. Denn Marks Freunde trinken ebenso gern, häufig und viel wie er. Der entscheidende Unterschied besteht vor allem in zwei wichtigen Kriterien, die auch das Klassifikationssystem ICD-10 aufführt:  1. verminderte Kontrollfähigkeit bzw. Kontrollverlust in Bezug auf Beginn, Beendigung und Menge des Suchtmittels;  und 2. Zwanghaftigkeit/unstillbares Verlangen, d. h. das Denken kreist um das Suchtmittel, verbunden mit einem starken Verlangen, es zu konsumieren.

 

Als betriebliche Suchtkrankenhelferin hat mich besonders interessiert, wie der Arbeitgeber sich verhält. Sowohl Marks Vorgesetzte als auch seine Kolleg:innen haben die Augen vor der offensichtlichen Realität, dass Mark ein Alkoholproblem hat, verschlossen. Die direkte Kollegin hat gesehen, wie Mark eine Flasche aus der Schublade nahm und trank, und sie hat ihn nicht darauf angesprochen. Und erst als sein alkoholbedingtes Fehlverhalten teure Konsequenzen für den Betrieb hat, reagierte die Vorgesetzte: „Du bist ein Alkoholiker“ -, und suspendierte ihn vom Dienst.

 

Tatsächlich wird von betrieblicher Seite oft weggeschaut, wenn Mitarbeitende in irgendeiner Form „auffällig“ werden und der Verdacht besteht, dass eine Suchtproblematik dahinterstecken könnte.

 

Warum ist das so? Vermutlich, weil Vorgesetzte und Kolleg:innen oftmals denken, dass Ansprechen = Anschwärzen bedeutet. Weil sie vielleicht denken, dass es sich nur um eine Phase handelt, die vorübergehen wird. Oder weil man der Ansicht ist, dass die bzw. der Mitarbeitende doch eigentlich insgesamt immer noch gut funktioniert. Oder weil man sich wahrscheinlich geirrt hat. Möglicherweise auch, weil man auf die Ansprache hin eine aggressive Reaktion erwartet, mit der man nicht umzugehen weiß.  Am wahrscheinlichsten: weil man keine Handlungssicherheit darin besitzt, mit einem solchen „Fall“ dienstlich umzugehen.

 

Fakt ist jedoch: Wenn eine Suchtproblematik vorliegt, wird sich diese nicht in Wohlgefallen auflösen, wenn weggeschaut oder geschwiegen wird. Erfahrungsgemäß wird sie sich verfestigen und schlimmer werden. Führungskräfte sind daher aufgefordert, möglichst frühzeitig zu handeln und einzuschreiten, um das Risiko zu minimieren, dass sich der Zustand der oder des Betroffenen verschlechtert, und um dafür zu sorgen, dass das kollegiale Umfeld nicht weiter belastet wird.

Und vielleicht können auch Kolleginnen und Kollegen den Mut aufbringen, ein offenes und ehrliches Gespräch mit betroffenen Mitarbeitenden zu führen.

Simone Vogt

Party auf der Arche Noah

Haus Noah ist nach der biblischen Arche Noah benannt. Als die große Flut kam, fanden Noah und seine Familie in dem großen Schiff Zuflucht und Rettung. Ähnlich bedroht, wie seinerzeit die Menschen des alten Testamentes sind heutzutage viele Menschen, die durch Alkohol und andere Süchte in eine lebensbedrohliche Situation geraten. Das Wasser steht ihnen bis zum Hals und sie können sich selbst nicht mehr retten. In der Einrichtung für alkohol- und mehrfach abhängige Menschen finden sie Struktur und Unterstützung, um ein neues, nüchternes und cleanes Leben zu führen. Diese Einrichtung in Grambke gibt es seit 25 Jahren. Grund genug zum Feiern.

Ehemalige und aktuelle Nutzerinnen und Nutzer der Einrichtung feierten gemeinsam mit Betreuenden und Gästen am 8. September im Bauernhaus den Geburtstag der Einrichtung. Hierfür hatte die Werkstatt Holz und Ideen eigens eine Bühne in  Form einer Arche mit darüber schwebendem Regenbogen gebaut. Die Werkstatt Garten und Kunst hatte kunst- und phantasievolle Dekoration für den Festsaal gefertigt. Der ehemalige Bäckermeister der ArBiS-Bäckerei hatte eine Torte in Form einer Arche mit vielen liebevoll und lustig gestalteten Details angefertigt.

Nicole Nullmeyer, Leiterin des Bereiches Seelische Gesundheit im Sozialwerk, begrüßte die Gäste, die von maritimer Musik des „Bremer Handörgler“ in den Saal des Bauernhauses gelockt worden waren. Nach einer kurzen Andacht von Pastor Uli Schulte gab es in der Arche einen Rückblick auf die Gründungszeit von Haus Noah durch Silvia Hilbers, aktuelle Leiterin des Hauses, und Anneliese Lindemann, ehemalige Leiterin der Einrichtung.

Nun kamen die Nutzerinnen und Nutzer zu Wort. Nicole Nullmeyer und Lara-Kristin Wawrowski, Mitarbeiterin in Haus Noah, kamen in lockerer Runde mit drei Nutzerinnen und Nutzern ins Gespräch. Diese erzählten offen und nachvollziehbar ihren Weg in die Einrichtung und wie sich ihr Leben dort verändert hat und aktuell gestaltet.

Nach einem musikalischen Zwischenspiel und alkoholfreien Cocktails von „Jim’s Bar“ vor den Türen des Bauernhauses, interviewte Einrichtungsleiterin Beate Rettig aktuelle Nutzerinnen und Nutzer zu der Wandlung, die das Leben in Haus Noah mit sich gebracht hat und befragte sie nach ihren Wünschen und Hoffnungen für die Zukunft. Auch Fragen aus dem Publikum stellten sich die Interviewten offen und ehrlich.

Spontan meldeten sich noch Ortsamtsleiter Florian Boehlke und der Diakon der benachbarten evangelischen Kirchengemeinde Grambke und Suchtbeauftragter der Evangelischen Kirche Bremen zu Wort und übermittelten wertschätzende Grußworte zum Jubiläum.

Beim anschließenden, maritimen Essen aus der Sozialwerks-Küche gab es viel Gelegenheit zum Austausch. Wer mochte, konnte noch an einer Führung durch Haus Noah durch jeweils eine Nutzerin oder einen Nutzer sowie einem Mitarbeitenden der Einrichtung teilnehmen.

Am nächsten Tag wurde das Jubiläum mit dem Arche-Noah-Stand im Rahmen des Sommerfestes am Grambke See „Ganz Grambke geht baden“ gefeiert. Eine interne Feier mit allen Nutzenden der Einrichtung folgte in der darauf folgenden Woche. Eine rundum gelungene Veranstaltung und angemessene Würdigung, fanden alle Beteiligten.


Eine phantasievolle Torte zum Jubiläum


Die Bremer Handörgler


Pastor Uli Schulte


Ortsamtsleiter Florian Boehlke
im Gespräch mit Nicole Dalewski


Girlande mit guten Wünschen zum Jubiläum


Diakon Herbert Hinze (ev. Kirchengemeinde Grambke)


Gefeiert wurde im Bauernhaus in Grambke

Zurück in eine bessere Zukunft

Jubiläum Haus Noah, Teil 2

Patricia Birkenfeld und Andrea Sperling: Der lange Kampf aus der Alkoholsucht

Bremen. „Es war wie ein Schlag in die Magengrube.“ Patricia Birkenfeld erinnert sich noch genau an den Tag, als ihr Leben die möglicherweise entscheidende Wendung nahm. Die gebürtige Rotenburgerin hatte gerade einen ihrer fast 4o Entzüge hinter sich, als der Leiter der Entgiftungsstation des Krankenhauses die 53-Jährige zur Seite nahm. „Er hat mir klar gemacht, dass ich, wenn ich jetzt nach Hause zurückkehre, nicht mehr lange zu leben habe, erzählt Patricia Birkenfeld.  Die deutliche Ansage des Arztes wirkte wie ein Wachmacher. „Ich habe sofort den Sozialdienst angesprochen. Dann ging alles ganz schnell. Gerade einmal drei Tage dauerte es, dann wusste Patricia Birkenfeld: Ich muss nicht mehr nach Hause. Auf sie wartete ein Appartement in Haus Noah. „Dass ich vom Krankenhaus direkt nach Grambke konnte, hat mir das Leben gerettet“, sagt Patricia Birkenfeld und ergänzt, „ ich bin stolz darüber, dass ich das so gemacht habe.“

Das ist jetzt mehr als fünf Jahre her. Am 14. Mai 2018 zog sie in den Ellerbuschort 15. Hinter ihr lag da bereits eine zwei Jahrzehnte währende Alkoholkarriere. Zwei Schicksalsschläge hatten Patricia Birkenfeld aus der Bahn geworfen. 1997 war ihre Mutter, gerade 46 Jahre alt, an Krebs verstorben, ein Jahr später hatte ihr Bruder Selbstmord begangen. „ Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen.“ 2002 landete die Mutter von zwei Kindern erstmals im Krankenhaus, der Beginn der  Abwärtsspirale. Patricia Birkenfeld verlor den Kontakt zu ihren Kindern, 2014 verstarb zudem ihr langjähriger Partner.

Heute, nach fünf Jahren in „Haus Noah“ hat Patricia Birkenfeld wieder festen Boden unter den Füßen. Auch wenn sie gerade eine seelische Talsohle durchleben muss – eine neue Partnerschaft ist in die Brüche gegangen – hat sie die Lebensfreude zurückgewonnen, schaut positiv in die Zukunft. In der Heimstätte „Am Oslebshauser Park“  arbeitet sie vier Tage in der Woche für einige Stunden in der Hauswirtschaft. Zudem engagiert sie sich im Bewohner-Beirat von „Haus Noah“ und einmal in der Woche geht sie zur Selbsthilfegruppe „Freundeskreis“. Glücklich macht Patricia Birkenfeld aber vor allem, dass sie wieder Kontakt zu ihren Kindern und den zwei Enkeln hat. Dennoch möchte sie ihren Aufenthalt in Haus Noah gern um ein weiteres Jahr verlängern. „Eigentlich müsste ich im September ausziehen, aber durch die Trennung von meinem neuen Partner habe ich gemerkt, dass ich noch nicht stabil genug bin, alleine zu leben.“ Jetzt wartet sie darauf, dass der Kostenträger, das Amt für soziale Dienste, ihr ein weiteres Jahr in Grambke bewilligt.

Beate Rettig, die Leiterin von „Haus Noah“, sieht dafür gute Chancen. Dennoch glaubt auch sie, dass Patricia Birkenfeld den Sprung zurück in ein selbstständiges Leben schaffen kann. „Beim Auszug bleibt ihr ihr Arbeitsplatz erhalten und auch die Selbsthilfegruppe wäre eine ganz große Stütze“, sagt Beate Rettig. „Das sind Leute, die sie stabilisieren. Sie  helfen und unterstützen sich gegenseitig und greifen auch ein, um Leben zu retten. Das sind Kontrolle und Druck gleichermaßen.“

Andrea Sperling ist froh, in Patricia Birkenfeld eine Freundin gefunden zu haben. Die 59-Jährige hat erst im Januar dieses  Jahres in „Haus Noah“ eine neue Bleibe gefunden. Doch richtig angekommen ist sie in Grambke noch nicht. „Ich habe schon einmal von 2019 bis Mai 2021 in „Haus Abraham“, einer weiteren Einrichtung des Sozialwerks, gewohnt.“ Dort ist Andrea Sperling aber wieder ausgezogen, da sie von einem männlichen Mitbewohner psychisch wie physisch bedrängt worden war.  „Ich habe mir dann wieder eine eigene Wohnung gesucht, obwohl ich eigentlich gerne dort geblieben wäre.“  Ein fataler Schritt mit dem zu erwartenden Resultat: ein neuerlicher Rückfall.  Obwohl Andrea Sperling wusste, dass sie ohne Hilfe so nicht weiterleben konnte, zögerte sie dennoch, das Angebot in „Haus Noah“ einzuziehen, anzunehmen. Die negativen Erlebnisse  in der Schwestereinrichtung Haus Abraham hatten ihre Spuren hinterlassen. Doch schließlich überwand sie sich. „Es war der richtige Schritt“, sagt sie heute.

Auch Andrea Sperlings Leben ist geprägt von jahrzehntelangem Alkoholmissbrauch. 1992 lernte sie ihren späteren Mann kennen, zog zu ihm nach Bremerhaven und kümmerte sich fortan um den Haushalt. „Mein Mann hatte schon zwei Kinder, zwei und vier Jahre alt. Dazu lebte noch der Großvater mit im Haus. Zwei Jahre später kam unsere gemeinsame Tochter zur Welt.“ Die junge Frau kümmerte sich von Anfang an um alles, doch das war für sie allein zu viel. Eine Unterstützung durch ihren Mann erfuhr sie nicht. „Die Belastung wurde einfach zu groß. So fing ich an zu trinken, zuerst mit einem Bier am Tage.“ Der Beginn der Abwärtsspirale auch bei Andrea Sperling.

Der Kauf eines Reihenhauses änderte daran genauso wenig, wie später der Auszug der mittlerweile erwachsenen Stiefkinder. „Das Trinken wurde immer schlimmer“, erinnert sich die gebürtige Bremerin. Doch noch fataler für sie: „Meinem Mann war alles egal, er hat sich um nichts gekümmert. Er saß nur vor dem Computer, war richtig süchtig danach. 2009 landete Andrea Sperling wieder in der Klinik Reinkenheide,  die nächste Entzugsbehandlung folgte, sie wog nur noch 38 Kilo. Danach zog sie zum ersten Mal die Reißleine. „Ich habe die Ehe beendet.“ Sie bezog mit ihrer eigenen Tochter eine kleine Wohnung. „Wir machten uns das richtig nett, es ging uns gut.“ Dieses kleine Glück währte nur kurz. Doch eines Tages verkündete ihre Tochter, sie werde zu ihrem Vater ziehen. „Da bin ich in ein tiefes Loch gefallen.“  Es folgten wieder Alkohol-Exzesse, Entzugsbehandlungen.

Doch Aufgeben war für Andrea Sperling keine Option. „Ich wollte in einer betreuten Einrichtung unterkommen, das war mein Wunsch.“  Unterstützung fand sie in einer Lehrerin ihrer Tochter, der sie sich schon früh anvertraut hatte. So kam die 59-jährige schließlich auf die Einrichtungen des Sozialwerks der Freien Christengemeinde: erst in „Haus Abraham“, danach in „Haus Noah“.

Ebenso wie Patricia Birkenfeld arbeitet Andrea Sperling aktuell in der Hauswirtschaft in Oslebshausen und genauso wie die neue Freundin findet Andrea Sperling zusätzlichen Halt in einer Selbsthilfegruppe bei den Guttemplern. Zudem hat sie den Kontakt zur Psychologin  in „Haus Noah“ gefunden. „Ich will lernen, meine Sucht zu begreifen.“ Sie will endlich raus aus dieser Endlos-Schleife.

Ein Wiedersehen mit der eigenen Tochter hat es für Andrea Sperling immer noch nicht gegeben, immerhin hält die ältere Stieftochter den Kontakt zu ihr aufrecht. Aber da hält es Andrea Sperling ähnlich wie ihre Freundin Patricia Birkenfeld: „Ich muss jetzt an mich denken.“  An eine Rückkehr in ein selbstverantwortliches Leben verschwendet Andrea Sperling noch keinen Gedanken.

Michael Thurm

Eine Vision wird Realität

25 Jahre „Haus Noah“ – ein Leuchtturmprojekt in der Suchtkrankenhilfe für Bremen

Der Tag ist noch jung. Doch die Sonne strahlt prächtig vom fast wolkenlosen Himmel, die blauen Balkone des mehrgeschossigen Hauses Ellerbuschort 15 glänzen im hellen Tageslicht. Ein selten schöner Morgen in diesem feuchten Sommer 2023. Einige Bewohner des Hauses genießen bereits die wärmende Sonne. Freundlich nicken sie den Passanten zu.

„Rentner, die haben es gut“, mag so mancher beim Vorbeigehen denken. Tatsächlich wirkt dieses Gebäude auf den ersten Blick wie ein ganz normales Wohnhaus – mit Menschen, die sich an diesem Morgen womöglich vom stressigen Alltag erholen. Menschen, die womöglich ihren Ruhestand auskosten, unabhängig von Zeit und Raum. 

Doch das Idyll täuscht. Die Frauen und Männer, die auf den Balkonen  von „Haus Noah“ – so prangt es auf großen Lettern über der Eingangstür – die Sonne genießen, sind zuvor durch die Hölle gegangen. Ihr Leben war aus den Fugen, in eine Schieflage geraten. Der Alkohol hatte die Macht über ihr Leben gewonnen, beherrschte ihren Alltag. Jetzt kämpfen sie in „Haus Noah“ tagtäglich um ihre letzte Chance, zurück in ein trockenes und möglichst selbstbestimmtes Leben zu finden.

Im März 1998 eröffnete das Sozialwerk der Freien Christengemeinde „Haus Noah“ als Fördereinrichtung für Menschen mit schwerer Alkoholerkrankung. Die meisten leiden an dem sogenannten Korsakow-Syndrom. Es ist heute kaum vorstellbar, dass „Haus Noah“ damals die erste Einrichtung dieser Art in Bremen war. Doch bis in die 90iger-Jahre galten Korsakow-Patienten als „nicht mehr therapierbar und nur noch dauernd zu verwahren“. Ihren Lebensabend verbrachten sie in der Regel in psychiatrischen Krankenhäusern oder verschwanden irgendwo in Altenheimen. „Satt, sauber und trocken“, lautete damals die Devise.

Heinz Bonkowski, Mitbegründer und damaliger Leiter des Sozialwerks, erinnert sich noch gut an die Zeit. „Wir hatten 1982 die Heimstätte am Grambker See eröffnet und dort auch suchtkranke Menschen aufgenommen. „Dass wir das gut machen, hatte sich bis zur Psychiatrie in Bremen-Ost herum gesprochen. Außerdem wollte dort niemand mehr Menschen aus Bremen in Kleinstgruppen nach Niedersachsen abschieben.“

Heinz Bonkowski hatte 1979 zusammen mit der Freien Christengemeinde das Sozialwerk gegründet. Seine Vision: hilfsbedürftige Menschen annehmen, wie sie sind, und ihnen einen wertvollen Platz in der Gesellschaft geben. Die Eröffnung von „Haus Noah“ war da nur logisch. In dem ehemaligen Hotel Bollmann, im Ellerbuschort 15, fanden Heinz Bonkowski und sein kongenialer Partner Armin Hein („Ich hatte die Visionen und Armin war das Finanzgenie“) den idealen Ort. „In dem Haus brachten wir zuvor schon Spätaussiedler und jüdische Zuwanderer aus Russland unter.“ Nach einer umfassenden Renovierung wurde „Haus Noah“ im März 1998 eröffnet. Vier Wochen später waren die 24 Appartements belegt.

Angesichts der Schicksale dieser Menschen von einer Erfolgsgeschichte zu sprechen klingt für mache Ohren sicherlich makaber – und doch ist das „Haus Noah“ eine Erfolgsstory. Keine weiß dies besser als die Leiterin der Einrichtung, Beate Rettig. Die 63-jährige Diplom-Sozialpädagogin gehört seit 2002 zum neunköpfigen Noah-Team und löste 2004 Anneliese Lindemann als Leiterin ab. „Menschen, die durch die die „Rund-um-die-Uhr-Arbeit“ zurückfinden in den eigenverantwortlichen Alltag, sind Belohnung für die aufzehrende aufopferungsvolle Tätigkeit.“  Auch nach mehr als zwei Dekaden ist Beate Rettig von ihrer Arbeit fasziniert.  „Ich habe in all den Jahren so viele besondere Menschen kennengelernt – Menschen, die mich fasziniert haben. Wenn sich diese Menschen öffnen, dann sind das ganz große Schätze.“

Doch bis sich diese Menschen öffnen, ist es oft ein sehr, sehr langer Weg. Und nicht immer endet dieser Weg zurück in der Normalität. „Die Menschen, die ins Haus Noah einziehen, sind die Stärksten“, sagt Beate Rettig. Diese Menschen kämpfen, haben sich noch nicht aufgegeben, suchen Hilfe. Wer ins Haus Noah kommt, hat alles verloren – den Arbeitsplatz, die Wohnung, meistens den Kontakt zu Partnern, zu den Kindern. Letzte Ausfahrt Grambke!

Deshalb ärgert Beate Rettig eines ganz besonders: die Stigmatisierung der alkoholsüchtigen Menschen. „Die sind weder doof noch dumm, sie sind krank – und wir müssen ihnen helfen.“

 „Satt, sauber, trocken“ ist ein Betreuungsziel aus längst vergangenen Tagen. Heute werden Korsakow-Patienten individuell oder in Kleingruppen begleitet und gefördert.  Wesentliche Bestandteile der Arbeit sind von Anfang an ein alkoholfreies Haus, eine geregelte Tages- und Wochenstruktur mit Arbeitszeiten, Ruhepausen und gemeinsamen Freizeitaktivitäten. Dazu gehören auch lebenspraktische Fähigkeiten wie etwa Einkäufe oder Busfahrten. „Durch den jahrzehntelangen Alkoholmissbrauch sind bestimmte Zellen und Bereiche des Gehirns zerstört worden. Darunter leidet insbesondere das Kurzzeitgedächtnis“, erzählt Beate Rettig. Worte, Belehrungen und Erklärungen nutzen wenig, weil sie schnell vergessen werden. Hauptsächlich  durch eigenes Tun und Handeln lernen die Bewohner – die laut Bundesteilhabegesetz eigentlich politisch korrekt Nutzer: innen genannt werden müssen. Unterstützt werden sie dabei durch tägliche therapeutische Anleitung und ergo-therapeutische Übungen.  Die meisten Bewohner leider unter einer Co-Morbidität. Sie sind nicht nur alkoholkrank, sondern leiden beispielsweise auch unter Depressionen, Angst- und Panikstörungen, Essstörungen, Persönlichkeitsstörungen; dazu kommen körperliche Erkrankungen. 

„Anschaffen, konsumieren, ausschlafen“ – so prägnant beschreibt Beate Rettig den Alltag eines schwerstalkoholkranken Menschen. Die Wohnung aufräumen, Essen kochen, gar Kontakte pflegen – nichts von alledem ist diesen Frauen und Männern noch möglich. Deshalb geht die Einrichtungsleiterin in den Vorstellungsgesprächen auch nicht auf die Verweildauer ein.  Wenn es gut laufe, können einige nach drei bis vier Jahren in „Haus Noah“ in eine eigene Wohnung zurückkehren. Wer gezielt danach fragt, der bekommt eine Antwort. Eine Antwort, die die meisten Betroffenen zunächst einmal erschrickt. „So lange …“

Doch wenn die Frauen und Männer wieder in den verschiedenen Werkstätten des Sozialwerks arbeiten, sie ihre tief vergrabenen Talente freilegen und sie ihr Selbstwertgefühl wiedergefunden haben und bereit sind, Kontakte zu ihren Angehörigen aufzunehmen, sind sie in „Haus Noah“ endgültig angekommen.

Nicht ohne Grund hatten die Gründerväter dem Domizil im Ellerbuschort den Namen Noah gegeben. „Viele wissen nur, dass Noah etwas Gutes getan hat, aber Noah war auch ein Säufer“, sagt Heinz Bonkowski. Noah baute nicht nur die Arche, sondern legte neben Feldern auch einen Weinberg an – und wie es im Buch Mose beschrieben ist, sprach der dem Rebensaft auch ordentlich zu. Doch die Bibel berichtet auch vom würdevollen Umgang der Söhne Sem, Ham und Jafet mit dem betrunkenen Vater. Die Brüder halfen ihrem Vater, wie „Haus Noah“ alkoholkranken Menschen hilft – seit einem Vierteljahrhundert.

Michael Thurm

Junk Journaling in der Bastelgruppe der Tagesstätte Nord

Junk Journaling

Ich bin ein wenig aufgeregt, als ich am Freitag um 12 Uhr die Tagesstätte Nord betrete. Elke, die Leiterin einer kleinen Gruppe bastelbegeisterter Frauen, hat mir davon erzählt, dass Susanne zu Gast ist. Sie ist erfolgreiche YouTuberin zu genau dem Thema, für das die Gruppe sich begeistert: Junk Journaling. Ich habe natürlich in ein paar Videos von Susanne reingeschaut, die unter dem Namen „Bollenhut Art“ ihre Filme veröffentlicht. Sie ist mir sofort sympathisch mit ihrem badischen Dialekt, ihrer kreativen Erscheinung und ihrer freundlichen Ansprache. Und so erkenne ich sie sofort, als ich den Raum  betrete, wo die Gruppe eifrig zugange ist. Ich bin unsicher, ob ich nicht störe. Doch ich werde sofort herzlich willkommen geheißen, darf gucken, fragen, fotografieren und zuhören. Ich fühle mich gleich wohl in der kleinen Gemeinschaft und werde sogar eingeladen, mit zu basteln. Gerade werden Cluster hergestellt. Das sind kleine Bastelelemente aus Papier, Stoff, Bändern – was so gerade ins Auge fällt – und werden mit Draht und Perlen zu einem kleinen Kunststück zusammengenäht oder -geklebt. Je ein kleines Element wird dann auf einem Briefumschlag platziert und verdeckt so die Adresse der Ersttagsbriefe, die „Frau Bollenhut“ im Internet ersteigert und für die Gruppe mitgebracht hat.

Junk Journaling in der Tagesstätte Nord

Ein umgestalteter Ersttagsbrief

So verziert, ist ein solcher Briefumschlag ein Element unter vielen in einem Junk Journal. Dies bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie Müll-Zeitschrift. Tatsächlich entstehen jedoch sehr individuelle und wunderschöne Kunstwerke aus vielfältigen Materialien. Man werde süchtig danach, überall Material zu sammeln, erfahre ich. Gebrauchte Einpackpapiere, alte Bücher, Zeitschriften, Geschenkpapiere und vieles mehr – alles kann verwendet werden. Außerdem zieren ausgestanzte Motive, Aufkleber und vieles mehr die Kunstwerke. Und dann kann auch noch gemalt, gestempelt, gespachtelt und geklebt werden. Da sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. So entstehen Karten, Leporellos, Geschenktaschen oder sogar ganze Bücher. Nachhaltig ist das Hobby obendrein, denn eigentlich kann fast alles verwendet werden, was sonst weggeworfen würde.

Ich sehe gleich, dass diese Basteltechnik für die fünf Frauen nichts Neues ist. Tatsächlich beschäftigt sich die Gruppe schon seit vielen Jahren mit dem Thema. Die Gruppe wurde vor etwa 15 Jahren gebildet. Das Angebot orientierte sich nach Möglichkeit an den Wünschen und Fähigkeiten der Teilnehmer*innen. Themen ergaben sich aus dem Jahresverlauf: Kerzengießen, Windlichter, Laternen basteln im Herbst, Gestecke in der Advents- oder Osterzeit, Weihnachtsdekoration. Aber auch jahreszeitlich ungebundene Arbeiten wie Schmuck, Schalen, Mobiles und vieles mehr wurde gefertigt. Nachhaltigkeit und Upcycling war immer wieder Thema in der Gruppe: Was ist an Materialien vorhanden und was kann daraus hergestellt werden? Papier, Eierkartons, Stoffe, Garne, Schnüre, Naturmaterialien – all dies gehörte zur Grundausstattung  der Bastelgruppe. Kleber, Farben, Perlen mussten hinzugekauft werden. Das Themenfeld Collage war in der Bastelgruppe immer sehr beliebt. Eine Annäherung an das Thema „Junk Journaling“ erfolgte mehrfach mit Kurzseminaren im Rahmen der damaligen Sommerakademie (Die Sommerakademie wurde jährlich von der Tagesstätte Nord organisiert und für den Stadtteil geöffnet.) In dem davon unabhängigen Buchprojekt „24 Stunden von 365 Tagen“ traf sich eine Gruppe von Frauen über den Zeitraum eines Jahres einmal monatlich für zwei Stunden. Es entstanden Collagen, Texte oder Bilder aus dem Erlebten oder Erträumten der Teilnehmenden. Diese wurden in ausrangierte Bücher eingefügt und so entstanden neue, kreative Kunstwerke. Die NORDDEUTSCHE berichtete damals darüber.  Seit zwei Jahren nun besteht die aktuelle „Junk Journaling“-Gruppe – mit zunehmender Begeisterung.

Die kleine Runde plaudert und bastelt und die Zeit vergeht wie im Flug. Fehler, Missgeschicke, Widrigkeiten werden gelassen kommentiert und weiter geht’s; wenn sich eineVorstellung und Idee nicht umsetzten lässt oder wenn es schief läuft – wenn etwa im Eifer falsche Seite zugeklebt oder Farbreaktionen falsch eingeschätzt wurden – findet sich ein neuer Weg der Gestaltungsform: Sogenannte „Fehler“ werden rückblickend zu einem Bestandteil des kreativen Gestaltungsprozesses.

Junk Journaling in der Bastelgruppe der Tagesstätte Nord

Junk Journaling 

Mittagessen. Wir sitzen gemeinsam an einem Tisch im Wintergarten und löffeln leckere, frisch gekochte Gemüsesuppe. Ich habe Gelegenheit, Susanne zu fragen, was sie sonst noch so macht und wie sie zu einer YouTuberin wurde. Sie erzählt mir, dass sie als voll berufstätige Frau auf der Suche nach einem Nebenjob war, der ihr einen Ausgleich zu ihrer Arbeit als technische Zeichnerin geben sollte. Sie begann, Aquarellbilder zu malen und stieß dann auf das Junk Journaling, das zu dieser Zeit nur auf amerikanischen Kanälen zu finden war. Dies faszinierte sie sofort und sie begann, einen eigenen Kanal mit Anleitungen für „Junk Journaling“ auf YouTube zu produzieren und zu veröffentlichen. Inzwischen ist sie so erfolgreich, dass sie tatsächlich Geld damit verdient – was nicht so ganz einfach ist, wie ich erfahre. Seit 2020 filmt sie sich selbst bei der Kreativarbeit, schneidet und vertont die Filme und stellt sie bei YouTube ein. Sie hat inzwischen über 8000 Fans, die ihren Kanal abonniert haben. Sie schreibt dazu: „Was mich wirklich sehr glücklich macht, ist die Tatsache, dass ich durch meine Videos jetzt schon sooo vielen Menschen Inspiration geben durfte und das Feedback, welches ich in lieben Kommentare lesen darf, freut mich jeden einzelnen Tag.“

Die Einladung in die Gruppe der Tagesstätte Nord ist erst die zweite Veranstaltung, an der Susanne teilnimmt. Sie erzählt mir, dass sie den direkten Kontakt zu ihren Followern jedoch sehr schätzt und dass sie deshalb gern der Einladung von Elke in den hohen Norden gern gefolgt sei. Diese hatte schon eine ganze Weile die Aktivitäten der YouTuberin aus dem Schwarzwald verfolgt und den Kanal auch ihrer Bastelgruppe empfohlen. Elke erzählt: „Als ich Susanne das erste Mal zu diesem Thema auf You Tube sah, hat mir ihre Arbeit sofort gefallen. Ich war so angetan, dass ich ihre Videos den Bastelteilnehmerinnen empfohlen habe. Ich fand ihre Videos wunderbar unterhaltsam und gleichsam inspirierend, sie sind Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis geeignet,  sehr gut veranschaulicht und unglaublich vielfältig in den Ausarbeitungen.“

Bollenhut Art Junk Journaling

„Frau Bollenhut Art“ in der Tagesstätte Nord

Auch bei den anderen Teilnehmerinnen der Bastelgruppe stießen die Videos auf regen Anklang. Als Susanne ein Preisausschreiben ausschrieb, machte eine der Teilnehmerinnen mit und gewann den dritten Platz: ein Karton voller Bastelmaterial für das geliebte Hobby. Die Freude war groß, sie bedankte sich überschwänglich bei „Frau Bollenhut“ und erzählte von ihrer Bastelgruppe und der engagierten Leiterin Elke. Prompt überraschte die YouTuberin Elke mit der Zusendung eines weiteren Bastelpakets. „Es wäre doch schön, wenn Susanne bei unserem Treffen dabei wäre“, war der Wunsch, der aus der Gruppe heraus entstand. Jasmin schickte Bilder der Arbeiten und des Basteltisches an Susanne. Susanne fand die Arbeiten gut und bekam ebenfalls Lust, diese Gruppe einmal kennenzulernen. Elke setzte sich mit Susanne in Verbindung und lud sie ein, die Bremer Gruppe doch einmal besuchen zu kommen. Und so geschah das für alle Unfassbare: Susanne sagte zu, fand bei Elke ein Übernachtungsquartier und verbringt nun den Tag in der Tagesstätte Nord.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen ist es Zeit für eine Zwischenbilanz. Wo stehe ich gerade, wie geht es mir damit und was liegt mir sonst noch auf dem Herzen? Jede Teilnehmerin kommt zu Wort und es entsteht ein warmherziges und offenes Gespräch über das, was das Junk Journaling so mit jeder einzelnen macht: Wie durch das Basteln eine enge Freundschaft entstanden ist; wie es hilft, die eigenen Vorstellungen loszulassen und mit dem zu arbeiten, was da ist; wie man damit umgeht, wenn etwas daneben geht und man improvisieren muss. Gemeinsames Hobby und persönliche Anliegen verschmelzen. Es wird offen erzählt und geteilt. Von dem bevorstehenden Praktikum und welche Hoffnungen und Ängste mit dem Wiedereinstieg in die Arbeitswelt verbunden sind. Von Räumen, die für das liebgewordene Hobby erobert wurden. Wir fühlen uns sehr miteinander verbunden und ich bin tief berührt von der Freundlichkeit und Annahme, mit der hier jede so sein kann, wie sie ist. Und ausnahmslos jede der Frauen ist überwältigt und dankbar für den Besuch von Susanne alias „Frau Bollenhut“. Sie hat ihrem Besuch in der Tagesstätte ein eigenes Video auf ihrem Kanal gewidmet. Dies ist abrufbar auf https://www.youtube.com/watch?v=DmK1bG-7Ciw.

„Die vielen Eindrucke des Treffens wirken nach“, fasst Elke den besonderen Tag zusammen. „Wir sind inspiriert und dankbar für Susannes Besuch. Einfach großartig – wie sie ist, was sie macht und was sie bewirkt.“ So ein gelungenes Ereignis verlangt nach einer Fortsetzung. Und so ist ein weiteres Treffen mit Susanne für Herbst nächsten Jahres geplant – diesmal mit etwas mehr Zeit und einer Ausstellung der erarbeiteten Projekte am Ende des Workshops.

Dorothea Salzmann-Schimkus, Elke Oksas

 

Über das Sterben reden

Angehörigentreffen zum Thema Hospizarbeit in der Heimstätte Ohlenhof

Die letzte Phase des Lebens ist nach wie vor ein Thema das für viele nachvollziehbar schwierig und unangenehm ist. Doch umso wichtiger ist es, sich Gedanken darüber zu machen, wie das Leben eines geliebten Menschen mit einem Höchstmaß an Würde und möglichst selbstbestimmt zu Ende gehen kann.

Als Angehörige von Menschen in Pflegeeinrichtungen ist wichtig zu wissen, dass auch in dieser Phase für ihre Lieben gesorgt ist. Das Thema Begleitung in der letzten Lebensphase ist uns sehr wichtig. Neben der pflegerischen Versorgung wünschen sich einige Bewohner und Angehörige Unterstützung durch eine ehrenamtliche Begleitung  der Bewohner. Wir arbeiten seit Jahren mit dem Hospizverein Bremer Lebens- und Sterbebegleitung e.V. zusammen. Die ehrenamtlichen Mitarbeitenden des Vereins begleiten schwerstkranke und sterbende Menschen in ihrer letzten Lebensphase und unterstützen deren Angehörige und Zughörige.

Der Hospizverein besteht seit mehr als 25 Jahren und hat mittlerweile insgesamt ca. 180 Mitglieder. Hierzu gehören Mitglieder, die in der Begleitung tätig sind, sowie Fördermitglieder, die den Verein durch regelmäßige Beiträge unterstützen.

Um diese wichtige Arbeit sichtbar zu machen und allen Interessierten die Möglichkeit zu geben, rechtzeitig einen Berührungspunkt mit diesem wichtigem Thema zu haben, laden wir am Donnerstag, d. 05. Oktober 2023 um 17:00 Uhr in den Festsaal der Heimstätte Ohlenhof, Schwarzer Weg 98 ein.

Geben Sie uns für unsere Planung bitte bis zum 04.10.23 rechtzeitig Bescheid, ob Sie bei der Informationsveranstaltung dabei sein möchten: im Sekretariat über Frau Böttjer Tel. 619020 oder per E-Mail: HeimstaetteOhlenhof@sozialwerkbremen.de

 

Üben für den Ernstfall

Werden durch Unwetter großflächig Schäden verursacht, bedroht Hochwasser Städte und Gemeinden oder fällt die Stromversorgung länger aus, dann leisten die Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerkes (THW) schnell und effizient technische Hilfe. Seit dem Jahr 1950 erfüllt das THW seine Aufgaben im Auftrag des Bundesministeriums des Innern.

Axel Stachelscheid, Geschäftsführer der Nordlicht-Kitas, engagiert sich ehrenamtlich im Ortsverband Bremen-Süd. Regelmäßig treffen sich die ehrenamtlichen Helfer, um ihr Wissen und ihre Fähigkeiten für den Ernstfall zu trainieren. Und da das in realistischer Umgebung besser geht als in der Theorie, kam das Angebot des Sozialwerk gerade recht: Im Abrisshaus auf einem Gelände des Sozialwerks in Bremen-Rekum konnten die Kräfte des THW umfangreich üben.

Mit acht Kräften rückten sie am 28. August an und erkundeten das Gebäude zunächst mit zwei Trupps. Dabei wurde ein grober Grundriss aufgezeichnet und etwaige Besonderheiten und vor allem Gefahren wie offene Leitungen, Absturzgefahren, Einsturzgefahren oder ähnliches notiert. Das große Gartengrundstück wurde ebenfalls erkundet. Außerdem wurde eine Gefahrensituation simuliert: Im Keller des Gebäudes wurde ein verunfallter Handwerker ausgemacht, der Zugang war allerdings verschüttet. Vorbereitend wurde der komplette Keller ausgeleuchtet und anschließend ein Zugang per Wanddurchbruch geschaffen. Der Handwerker wurde mit einer Schleifkorbtrage durch die Öffnung gerettet und über die Kellertreppe ins Freie befördert. „Wir haben uns sehr über die Gelegenheit gefreut, die das Sozialwerk uns gegeben hat“, so Axel Stachelscheid. „In einer Umgebung üben zu können, die einer tatsächlichen Gefahrensituation so nahe kommt, ist für uns eine große Chance und hat uns allen Spaß gemacht.“

Wege aus der Sucht

Suchtkrankenhilfe für Mitarbeitende im Sozialwerk, in der ArBiS und der Privatschule Mentor

Seit August dieses Jahres ist Simone Vogt, Mitarbeiterin der ArBiS im Bereich der Arbeitsförderung, für das Sozialwerk nebenberuflich als betriebliche Suchtkrankenhelferin tätig. Die Vereinbarung gilt zunächst für ein Jahr mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zwei Stunden.

Betriebliche Suchtkrankenhelfende haben sich in vielen Betrieben bewährt. Sie stellen eine hilfreiche und niedrigschwellige Anlaufstelle dar, und zwar sowohl für betroffene Mitarbeitende als auch für Leitungs- und Führungskräfte. Für Betroffene ist die Kontaktaufnahme zu einer Kollegin, einem Kollegen, oft einfacher als die Kontaktaufnahme zu einer externen Stelle, da sie niederschwelliger und kurzfristiger erfolgen kann. Für Führungs- und Leitungskräfte ist es hilfreich, dass die interne Ansprechperson kurzfristig greifbar ist.

Private Probleme und Umstände sind in vielen Fällen die Auslöser für eine Suchterkrankung. Allerdings kann auch das berufliche Umfeld in eine Sucht führen. Gründe, die dies fördern können, sind z. B. hoher Druck, lange Arbeitszeiten und wenig Erholungsphasen oder soziale Problematiken wie Mobbing.

Simone Vogt hat im letzten Jahr am Lehrgang „betriebliche Suchtkrankenhilfe“, angeboten durch die Bremische Landesstelle für Suchtfragen (BreLS), teilgenommen. Selbst betroffen von einer Suchterkrankung, bringt sie neben ihrer Fachkompetenz somit auch eine Betroffenenkompetenz mit, die im Umgang mit betroffenen Mitarbeitenden und auch mit Mitarbeitenden, die Angehörige von Suchtkranken sind, eine wertvolle Unterstützung sein kann. Persönliche Erfahrungen können mit Betroffenen geteilt werden und das eigene Beispiel für eine gelungene Bewältigung der Suchterkrankung kann zu einer Veränderungsbereitschaft motivieren.

Simone Vogt

  • informiert und berät in vertraulichen Gesprächen betroffene Mitarbeitende bzw. Mitarbeitende, die Angehörige sind.
  • unterstützt Leitungs- und Führungskräfte sowie Teams fachlich in Form von Beratung und Information zum Umgang mit auffälligen Mitarbeitenden.
  • informiert in regelmäßigen Blog-Beiträgen über verschiedene Aspekte von Sucht, insbesondere zum Thema Suchtprävention.
  • unterstützt bei der Organisation von Schulungen zum Thema Sucht für Leitungs- und Führungskräfte.
  • unterstützt die Führungs- und Leitungsebene bei der Umsetzung des Sucht-Stufenplans.
  • ist vernetzt mit den Bremer Suchtberater:innen und nimmt an den regelmäßig stattfindenden Netzwerktreffen teil.

Als interne Ansprechpartnerin für Suchtfragen bietet sie Unterstützung, Beratung und Information für alle Beteiligten an. Suchtmittelgebrauch oder Suchtverhalten am Arbeitsplatz sind sensible Themen, die nicht vermieden, sondern aktiv und frühzeitig angegangen werden müssen, um einer Verfestigung oder Verstärkung der Problematik vorbeugen zu können.

In vertraulichen Gesprächen können Wege zur Hilfe aufgezeigt und Betroffene bestärkt werden, diese Wege auch zu gehen. Die Hoffnung, das Problem werde sich schon von allein lösen, erfüllt sich meistens nicht.

Kontakt:
Simone Vogt
Schwarzer Weg 92
28239 Bremen-Gröpelingen
Telefon: 0421/6190-187
E-Mail: s.vogt@arbis-bremen.de

Der Kinderchor im Sommer 2023 auf dem Bremer Marktplatz

Ein großer Tag für kleine Leute

Der ukrainische Kinderchor, der seit Ende letzten Jahres in der Heimstätte am Oslebshauser Park sein Domizil hat, durfte die zentrale Feier des ukrainischen Unabhängigkeitstages mit seinem Auftritt bereichern.

Am 24. August feierten etwa 300 Ukrainerinnen und Ukrainer auf dem Bremer Marktplatz die Unabhängigkeit ihres Landes mit Tanzvorführungen, Liedern und fröhlichen Volkstänzen zum Mittanzen. Viele Passanten blieben neugierig stehen, und auch das regionale Fernsehprogramm berichtete. Vor einer großartigen Kulisse und vor so vielen Menschen zu singen, war für unsere im ukrainisch Stil gekleideten Chorkinder ein tolles und aufregendes Erlebnis und wurde mit viel Beifall belohnt.

Kinderchor auf dem Rathausplatz

 

Ein großes Dankeschön geht an unsere ukrainische Mitarbeiterin Dipl. Chormeisterin Anna Chulkova und ihre Assistentin Anastasiia Chmut, die jeden Donnerstag mit den Kindern üben und sich immer wieder Neues einfallen lassen, um ihnen spielerisch Gesang, Musik, Rhythmik und freien Tanz nahezubringen.

Die Kinder genießen jeden Übungsnachmittag in ihrer Muttersprache, während die Mütter im Nebenraum sich bei einer Tasse Kaffee freuen, ihre neuerworbenen Deutschkenntnisse praktizieren zu können. Mit dabei ist Anke Kück-Adamski, die für Kaffee und Gebäck sorgt, ein offenes Ohr für alle Anliegen hat, aber auch die Regeln der deutschen Sprache und ihre Ausnahmen erklärt.

Dieses von Jung und Alt gerne angenommene Projekt des Sozialwerkes ist ein wichtiger Baustein für eine gelingende Integration in die deutsche Gesellschaft. Es wird von der “Aktion Deutschland hilft” und vom „Paritätischen Landesverband Bremen“ gefördert. Wer die Arbeit mit Spenden unterstützen möchte, findet hier nähere Informationen.

Pastorin Andrea Hammer, Ph. D.

Richtfest der Kita „Im Weinberge“

Bauprojekt macht gute Fortschritte

Am 30. August fand das Richtfest der Kita „Im Weinberge“ statt. Planer, Architekten, der Bauherr und die Handwerker der beteiligten Firmen versammelten sich vor dem Gebäude in Oslebshausen. Die Zimmerleute riefen den Richtspruch vom Dach, auf dem die bunten Bänder des Richtkranzes vor dem blauen Himmel flatterten. Focke Horstmann als Vertreter des Sozialwerks als Bauherr des Projektes, dankte den beteiligten Baufirmen für die gute Arbeit und erfreuliche Zusammenarbeit. Dr. Matthias Bonkowski sprach ein Dankgebet für die Bewahrung während der Arbeiten und lud zu einem gemeinsamen Mittagessen im Rohbau des Gebäudes ein. Es gab gute Gespräche zwischen Planern, Handwerkern und den Bauherren.

Das lang erwartete und angekündigte Bauprojekt auf dem Gelände zwischen Oslebshauser Heerstraße, Am alten Sportplatz und Im Weinberge startete im März dieses Jahres. Die Fertigstellung ist für das Frühjahr 2024 geplant.

Ein Blick von oben auf die Baustelle und künftige KiTa

Die Kita wird die sechste Kindertagesstätte der „Nordlicht – Christliche Kitas e.V.“ sein. Einen Namen gibt es noch nicht. Kita „Im Weinberge“ ist nur der Arbeitstitel und beschreibt lediglich die Lage an der Straße „Im Weinberge“. Über den Ursprung des Straßennamens herrscht Unklarheit: Ob es hier einen Weinberg gab oder ob der Name auf eine Ting-Stätte aus lang vergangener Zeit zurückzuführen ist, an der viel geweint wurde, bleibt offen.

Zwischen dem Sozialwerk und den Nordlicht-Kitas gibt es eine enge Zusammenarbeit. Für fünf der sechs Einrichtungen des Betreibers von Kindertageseinrichtungen übernahm das Sozialwerk die Planung, den Bau oder die Vermietung der Räumlichkeiten. Beide Unternehmen haben ihre Wurzeln in der hoop Kirche (früher: Freie Christengemeinde) und fühlen sich christlichen Grundwerten verbunden.