Interview mit der verantwortlichen Pflegefachkraft in der Tagespflege Grambke
Beate Rettig: Plötzlich Corona. Wie ging es euch damit, Elke?
Elke Jäckel: Die Einrichtungsleitung kam herein und sagte, wir müssten alle Tagesgäste nach Hause schicken. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass wir noch gemeinsam Mittag essen konnten. Dann schloss die Tagespflege für dreieinhalb Monate.
Beate Rettig: Wie ging es den Tagesgästen damit?
Elke Jäckel: Nach drei Wochen riefen wir alle an. Da war die Stimmung noch ganz gut. Als wir nach nochmals drei Wochen wieder alle anriefen, kippte die Stimmung allmählich. Am 1. Juli öffneten wir wieder. Die Verfassung vieler Tagesgäste hatte sich verschlechtert. Einige hatten abgenommen, motorische Fähigkeiten hatten stark nachgelassen.
Beate Rettig: Wie kam das denn?
Elke Jäckel: Es ist die Summe aus vielen Kleinigkeiten. Wir fragen die Gäste, was sie essen wollen und sie müssen sich entscheiden. Sie schmieren ihr Brötchen selbst, tragen sich in Listen ein und holen sich ihre Jacken, wenn wir rausgehen. Zu Hause bewegen sie sich oft nicht mehr als nötig und die Angehörigen nehmen ihnen alles ab, was beschwerlich ist.
Beate Rettig: Und wie fühlt es sich nun an, mit Abstand und Hygienekonzept?
Elke Jäckel: Die Tagesgäste haben sich gut an die Regeln gewöhnt. Alle sind froh, dass sie wieder hier sein können. Und auch für die Angehörigen ist das natürlich eine große Entlastung. Aber die Freude hat sehr gelitten. Wir sitzen an Einzel-tischen und es ist oft sehr still. Und wie soll man mit Abstand Gesellschaftsspiele spielen? Wir haben immer sehr viel gesungen – das dürfen wir nun nicht mehr. Dabei ist Musik ganz wichtig.
Beate Rettig: Wie geht es euch als Mitarbeitende?
Elke Jäckel: Ich bin in Kurzarbeit gegangen, meine Teammitglieder wurden als Betreuungskräfte in der stationären Pflege eingesetzt. Das war für sie eine gute Erfahrung. Wir arbeiten nun in eingeschränkter Besetzung. Die Tagesgäste kommen nur zwei bzw. drei Tage pro Woche und werden von denselben Mitarbeitenden betreut, um die Infektionsgefahr zu verringern. Die Gemeinschaft im gesamten Team fehlt uns. Wir sind oft sehr erschöpft. Die ständige Vorsicht, die Umsetzung der Hygieneregeln und die angespannte Atmosphäre machen uns zu schaffen. Corona ist auch emotional sehr anstrengend.
Beate Rettig: Gibt es auch Positives an dieser Situation?
Elke Jäckel: Wir sind sehr froh, dass wir alle gesund sind und dass die Tagespflege wieder öffnen konnte.
Beate Rettig: Was wünschst du dir?
Elke Jäckel: Wir wären gern wieder als große Gruppe und ohne Abstand zusammen, würden gern wieder neue Tagesgäste aufnehmen und uns mit den Kindern aus dem Haus Zwergensee treffen. Und singen würden wir so gern wieder. Wir haben in der Tagespflege nur einen Computer. Wenn wir eine bessere Ausstattung und Unterstützung hätten, könnten wir mit den Kindern aus Haus Zwergensee skypen oder online Spiele spielen.
Das Interview führte Beate Rettig, Mitglied des Redaktionsteams der Zeitschrift „LebensRäume“.
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