Geschulter Rettungseinsatz

Eine Einführung in die Denke und Sprache von Rettungssanitätern und -sanitäterinnen bietet die ArBiS speziell für Pflegekräfte als Fortbildung an. Spannend, fand Pflegedienstleiter Sebastian S., der schon viele Rettungseinsätze in der Heimstätte am Grambker See begleitet hat, und nahm teil.

Wie unterschiedlich ein Notfall in den beiden Fachgebieten gesehen und „abgearbeitet“ wird! Kein Wunder, dass es immer wieder zu Missverständnissen und Zeitverlust kommt. Rettungsfachkräfte lernen, Emotionen und Empathie „auszuschalten“ und die bedürftige Person präzise nach einem vorgegebenen Schema A-E zu untersuchen und die jeweils nötigen Maßnahmen durchzuführen. Das beschleunigt die Notfallversorgung und ermöglicht vor allem eine schnelle und exakte Kommunikation über das, was zu tun ist. Sebastian S. war begeistert. Und das Beste: Direkt am Tag nach der Fortbildung konnte er das Gelernte direkt umsetzen:

„Ich hatte aktuell Corona in der Einrichtung, und bei einer Bewohnerin hatte sich der Allgemeinzustand verschlechtert. Ich bin komplett die Buchstaben des Schemas durchgegangen und habe festgestellt, dass bei einer bestehenden Covid-Infektion ein „B- und E-Problem“ vorliegt. Die Bewohnerin hatte eine auffällige Atmung, eine Sättigung von 89% und erhöhte Temperatur.

Ich rief die 112 an, und wie gewohnt begann der Fragenkatalog der Zentrale. Ich war gespannt und startete mein gelerntes Programm von gestern:

93-jährige Patientin mit bestehendem B- und E-Problem, und ich nannte die Vitalwerte. Vorgeschichte mit Zustand nach Herzinfarkt und Schlaganfall.

Anders als sonst wurde ich nun gefragt, ob ich medizinischer Kollege sei :). Ich musste unbemerkt lächeln und konnte es nicht glauben. Unzählige Male habe ich die 112 schon angerufen, und jetzt plötzlich, da ich ihre Sprache und Handeln beherrsche, hält man mich für einen medizinischen Kollegen, einen Arzt. Ich antwortete, zwar kein Arzt, jedoch sehr gut geschult worden zu sein.

Beim Eintreffen des Rettungswagens machte ich noch im Fahrstuhl in gleicher Form die Übergabe mit den Sanitätern, und sie schauten auf mein Namensschild und wunderten sich. Ich hatte das Gefühl, viel mehr auf Augenhöhe mit ihnen zu sprechen und ernster genommen zu  werden als sonst.“

Sebastian S. empfiehlt allen Kollegen und Kolleginnen in der Pflege, diese Fortbildung zu machen. Sie kann wertvolle Zeit sparen und so Leben retten. Und sie fördert den Respekt für Pflegekräfte ungemein. Diese Fortbildung sollte für alle in der Pflege Tätigen verbindlich sein, meint Sebastian.

Darüber hinaus bietet die ArBis ein breites Portfolio an Fortbildungen an, die allen Mitarbeitenden des Sozialwerks samt Tochterunternehmen offen stehen. Das volle Programm, gerade aktualisiert fürs zweite Halbjahr, steht in der Vivendi-App und im Intranet zur Verfügung oder direkt bei der Ansprechpartnerin Anja Dänekas: a.daenekas@arbis-bremen.de.

Das „Haus der guten Ausbildung“

Ein Projektbericht von Daniela Wulf:

Die Quote von Ausbildungsabbrüchen in der Pflege liegt im Bundesdurchschnitt bei rund 30 Prozent. Nun könnte man sagen: „immer noch besser als in der Gastronomie, da sind es 50 Prozent“, aber das ist natürlich nicht unser Anspruch. Daher nutzen wir regelmäßig den Austausch mit unseren Auszubildenden, Pflegeschulen und anderen Trägern und spitzen auch sonst die Ohren, wenn es irgendwo um die Ausbildung in der Pflege geht. So sind wir im Februar 2023 auf das Projekt „Ausbildungsabbrüche in der Pflege“ aufmerksam geworden.

Beauftragt und finanziert wurde das Projekt vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB). Die Umsetzung des Forschungsprojekts erfolgte durch ISG (Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH), IEGUS (Institut für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft GmbH) und contec GmbH.

Auch wenn seit Beginn der neuen generalistischen Pflegeausbildung 2020 bereits der bzw. die 50. Auszubildende bei uns begonnen hat und unsere Abbruchquote mit 20% deutlich unter dem Schnitt liegt, haben wir uns mit der Heimstätte Ohlenhof als Piloteinrichtung für die Umsetzungsphase beworben. Als Piloteinrichtungen wurden an zehn Standorten in Deutschland sechs Schulen und vier Einrichtungen der Langzeitpflege ausgewählt – und wir waren dabei!

Im „Haus der guten Ausbildung“ wurden die Forschungsergebnisse visualisiert dargestellt. Neben den persönlichen Faktoren, die jede und jeder Auszubildende als „Fundament“ mitbringt, müssen die Lernorte Schule und Betrieb als „tragende Mauern“ ihren Beitrag zu einer guten Ausbildung leisten. Nur wenn Schule und Betrieb optimal zusammenarbeiten, können sie dem Haus das „Dach“ aufsetzen und so eine qualitativ hochwertige Ausbildung anbieten.

Manchmal reichen aber ein „Haus“ und die Sicherheit, die es bietet, nicht aus, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Dann benötigt man ein „Dorf“. Ein „Dorf“, in dem das „Haus“ fest verankert ist und das Auszubildenden z.B. Ansprechpersonen für ihre individuellen Sorgen und Nöte vermitteln kann. Nicht selten sind es Problemlagen, die nicht mit der eigentlichen Ausbildung zusammenhängen, die zum Abbruch führen. Wohnungsnot, Schulden oder Trauer können ohne Unterstützung zu unüberwindbaren Hindernissen und zum Grund für den Abbruch der Ausbildung werden.

Mitte Oktober 2023 sind wir in die Umsetzungsphase gestartet. Gemeinsam mit unserem Projektbegleiter haben wir unsere Stärken und Schwächen ermittelt und geprüft, welche Maßnahmen aus dem „Haus der guten Ausbildung“ sich bei uns in der Praxis umsetzen lassen. Als Ergebnis stellten wir fest, dass es bei den verschiedenen Berufsgruppen im Haus zu wenig Information über die neue generalistische Ausbildung gab sowie eine Unsicherheit, wer in welchem Umfang welche Verantwortung für die Anleitung und Begleitung der Auszubildenden übernehmen sollte.

Daraus konnten wir eine Fortbildung erarbeiten, die für alle Berufsgruppen wichtige Informationen und praktische Tipps für die Begleitung und Unterstützung der Azubis bereithielt.  Diese Fortbildung fand mehrfach statt, sodass jede und jeder die Möglichkeit erhielt, daran teilzunehmen. Neben dem fachlichen Input gab es ausreichend Zeit, um miteinander ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen. Die positiven Rückmeldungen und sichtbaren „Aha-Erlebnisse“ haben uns darin bestärkt, dass dies genau der richtige Ansatz war. Denn nur, wenn alle Mitarbeitenden, egal welcher Berufsgruppe sie angehören, sich mit verantwortlich fühlen, kann gute Ausbildung gelingen.

Fazit: Auch in der kurzen Projektzeit bis April 2024 ließen sich Maßnahmen mit langfristigen Auswirkungen erarbeiten und umsetzen. Wir nehmen diese Zeit als Impuls, um uns regelmäßig zu hinterfragen, unser Ausbildungskonzept kritisch zu beleuchten und bei Bedarf anzupassen.

Wer in die Ausbildung investiert, den auszubildenden Menschen in seiner Individualität sieht und unterstützt, wird langfristig Ausbildungsabbrüche vermeiden und erfolgreich die Pflegegeneration von morgen auf ihrem Weg in den Beruf begleiten.

Quellen: Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB), ISG (Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH), IEGUS (Institut für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft GmbH) und contec GmbH