Das „Haus der guten Ausbildung“
Ein Projektbericht von Daniela Wulf:
Die Quote von Ausbildungsabbrüchen in der Pflege liegt im Bundesdurchschnitt bei rund 30 Prozent. Nun könnte man sagen: „immer noch besser als in der Gastronomie, da sind es 50 Prozent“, aber das ist natürlich nicht unser Anspruch. Daher nutzen wir regelmäßig den Austausch mit unseren Auszubildenden, Pflegeschulen und anderen Trägern und spitzen auch sonst die Ohren, wenn es irgendwo um die Ausbildung in der Pflege geht. So sind wir im Februar 2023 auf das Projekt „Ausbildungsabbrüche in der Pflege“ aufmerksam geworden.
Beauftragt und finanziert wurde das Projekt vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB). Die Umsetzung des Forschungsprojekts erfolgte durch ISG (Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH), IEGUS (Institut für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft GmbH) und contec GmbH.
Auch wenn seit Beginn der neuen generalistischen Pflegeausbildung 2020 bereits der bzw. die 50. Auszubildende bei uns begonnen hat und unsere Abbruchquote mit 20% deutlich unter dem Schnitt liegt, haben wir uns mit der Heimstätte Ohlenhof als Piloteinrichtung für die Umsetzungsphase beworben. Als Piloteinrichtungen wurden an zehn Standorten in Deutschland sechs Schulen und vier Einrichtungen der Langzeitpflege ausgewählt – und wir waren dabei!
Im „Haus der guten Ausbildung“ wurden die Forschungsergebnisse visualisiert dargestellt. Neben den persönlichen Faktoren, die jede und jeder Auszubildende als „Fundament“ mitbringt, müssen die Lernorte Schule und Betrieb als „tragende Mauern“ ihren Beitrag zu einer guten Ausbildung leisten. Nur wenn Schule und Betrieb optimal zusammenarbeiten, können sie dem Haus das „Dach“ aufsetzen und so eine qualitativ hochwertige Ausbildung anbieten.
Manchmal reichen aber ein „Haus“ und die Sicherheit, die es bietet, nicht aus, um Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Dann benötigt man ein „Dorf“. Ein „Dorf“, in dem das „Haus“ fest verankert ist und das Auszubildenden z.B. Ansprechpersonen für ihre individuellen Sorgen und Nöte vermitteln kann. Nicht selten sind es Problemlagen, die nicht mit der eigentlichen Ausbildung zusammenhängen, die zum Abbruch führen. Wohnungsnot, Schulden oder Trauer können ohne Unterstützung zu unüberwindbaren Hindernissen und zum Grund für den Abbruch der Ausbildung werden.
Mitte Oktober 2023 sind wir in die Umsetzungsphase gestartet. Gemeinsam mit unserem Projektbegleiter haben wir unsere Stärken und Schwächen ermittelt und geprüft, welche Maßnahmen aus dem „Haus der guten Ausbildung“ sich bei uns in der Praxis umsetzen lassen. Als Ergebnis stellten wir fest, dass es bei den verschiedenen Berufsgruppen im Haus zu wenig Information über die neue generalistische Ausbildung gab sowie eine Unsicherheit, wer in welchem Umfang welche Verantwortung für die Anleitung und Begleitung der Auszubildenden übernehmen sollte.
Daraus konnten wir eine Fortbildung erarbeiten, die für alle Berufsgruppen wichtige Informationen und praktische Tipps für die Begleitung und Unterstützung der Azubis bereithielt. Diese Fortbildung fand mehrfach statt, sodass jede und jeder die Möglichkeit erhielt, daran teilzunehmen. Neben dem fachlichen Input gab es ausreichend Zeit, um miteinander ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen. Die positiven Rückmeldungen und sichtbaren „Aha-Erlebnisse“ haben uns darin bestärkt, dass dies genau der richtige Ansatz war. Denn nur, wenn alle Mitarbeitenden, egal welcher Berufsgruppe sie angehören, sich mit verantwortlich fühlen, kann gute Ausbildung gelingen.
Fazit: Auch in der kurzen Projektzeit bis April 2024 ließen sich Maßnahmen mit langfristigen Auswirkungen erarbeiten und umsetzen. Wir nehmen diese Zeit als Impuls, um uns regelmäßig zu hinterfragen, unser Ausbildungskonzept kritisch zu beleuchten und bei Bedarf anzupassen.
Wer in die Ausbildung investiert, den auszubildenden Menschen in seiner Individualität sieht und unterstützt, wird langfristig Ausbildungsabbrüche vermeiden und erfolgreich die Pflegegeneration von morgen auf ihrem Weg in den Beruf begleiten.
Quellen: Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB), ISG (Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH), IEGUS (Institut für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft GmbH) und contec GmbH
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